Ablehnung des Senatskonzeptes für das geplante Islam-Institut an der Humboldt-Universität
Stellungnahme der Landesarbeitsgemeinschaft Säkulare Grüne
Säkulare Grüne lehnen das Senats-Konzept für das geplante Institut für Islamische Theologie an der Berliner Humboldt-Universität ab. Mit der vorgesehenen Besetzung eines „theologisch kompetenten“ Beirates wird eine nicht mehr rückholbare Dominanz eines konservativ-orthodoxen Islam begründet.
Das Konzept des Senats ist ein Schlag gegen die liberalen Strömungen innerhalb des Islam. Eindrucksvoll haben sich solche liberalen Kräfte mit der Gründung der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee zu Wort gemeldet. Statt diese Entwicklung aufzunehmen und liberale Moscheegemeinden und Theologinnen einzubinden, polemisiert der Gründungsbeauftragte, Michael Borgolte, gegen die Forderungen für ein neues Nachdenken und gegen einen „Islam von vorgestern“ (so der Prof. für Islamische Theologie H.H.Behr) und fordert ausdrücklich die Kooperation mit den Konservativen einschließlich der Ditib (Tagesspiegel am 18.06.2017). Die Festlegung des Lehrinhaltes und die Besetzung hiesiger Professuren würden dann letztlich in Ankara entschieden.
Senat und Gründungsbeauftragter halten es offensichtlich für eine gute Idee, sich allein auf die in Berlin vorhandenen konservativ-orthodoxen Islam-Verbände zu verlassen. Dass sind die staatliche türkische DITIB, die Islamische Föderation Berlin, der Verband der Islamischen Kulturzentren, der Zentralrat der Muslime in Deutschland und die Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands. Diese Verbände haben – nach dem sehr verständlichen Ausstieg der Alevitischen Gemeinde – Arm in Arm mit der Wissenschaftsverwaltung „Eckpunkte für eine islamische Theologie“ vorgelegt. Sie allein sind auch in der Arbeitsgruppe vertreten, die derzeit an der Humboldt-Universität mit der Gründung des Instituts befasst ist und den Studiengang vorbereitet, der ab dem Wintersemester 2018/19 erste Studierende aufnehmen soll.
Kritisch sehen wir darüber hinaus, dass der Begriff „Beirat“ einen falschen Eindruck erweckt. Die fünf Verbände sollen im künftigen Beirat des Islam-Instituts eine Stimmenmehrheit bekommen. Um weitere Beiratsmitglieder aufzunehmen, soll ein einstimmiges Votum notwendig sein. Wesentliche Befugnisse des Beirats sind überhaupt nicht geregelt, sondern sollen im Einvernehmen zwischen den Verbänden und der Hochschule geregelt werden.
Säkulare Grüne fordern vom Senat, den „Liberal Islamischen Bund“, die IbnRushd-Goethe-Moschee sowie verbandsunabhängige Theologinnen und Theologen am Beirat zu beteiligen. Angesichts der engen Bindung von Ditib an den türkischen Staat und dessen Präsidenten Erdogan und der nach wie vor nicht ausgeräumten Vorwürfe wegen der Spitzeltätigkeit von Ditib-Imamen kann und darf diese direkt auslandgesteuerte Vereinigung keinen Platz finden in einem Beirat einer staatlichen Universität.
Für Säkulare Grüne ist die Beteiligung der liberalen Moscheegemeinden selbstverständlich. Solange die unverzichtbare Einbindung der Mehrheit der Muslime nicht gewährleistet ist, macht es keinen Sinn, auf der Grundlage der aktuellen Planung reaktionäres Gedankengut akademisch auch noch zu zementieren. Wir setzen uns daher für eine Verschiebung des Projektes ein, bis unmissverständlich klar gestellt ist, dass die fünf konservativ-orthodoxen Islamverbände keinen bestimmenden Einfluss bekommen.
Wir fordern darüber hinaus, das Projekt der Öffnung der Theologien nicht auf die abrahamitischen Religionen zu beschränken, sondern auch für andere – nicht-christliche – Religionen sowie für Weltanschauungen zu öffnen. Die Errichtung des in der Diskussion befindlichen Humanistik-Lehrstuhls wäre ein notwendiger Schritt in die richtige Richtung.
Berlin, 25. Juni 2017
Walter Otte Gudrun Pannier
Sprecher*innen der LAG Säkulare Grüne Berlin
Stellungnahme von Prof. Dr. H.H. Behr (Islamischer Religionspädagoge): http://www.tagesspiegel.de/wissen/streit-an-der-humboldt-universitaet-die-gruendung-braucht-zeit-um-das-intellektuelle-potenzial-der-muslime-ins-gespraech-zu-bringen/19937758-2.html