Initiative PRO Berliner Neutralitätsgesetz: Wahlprüfstein an demokratische Berliner Parteien verschickt.

Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts über die Zulässigkeit des demonstativen Tragens religiöser Symbole im Schulbereich fühlen sich die Gegner*innen dieses Gesetzes bemüßigt, zur Schleifung des gesamten Gesetzes anzusetzen.

Fakt ist: Das Bundesarbeitsgericht hat das Neutralitätsgesetz nicht für verfassungswidrig erklärt. Das könnte ohnehin nur das Bundesverfassungsgericht.

Das Urteil betrifft ausschließlich den Schulbereich und nicht die anderen geregelten Bereiche wie etwa Justiz und Polizei.

Bleibt das Urteil des Bundesarbeitsgerichts bestandskräftig – das Land Berlin hat jetzt das Verfahren vor das Bundesverfassungsgericht gebracht – dann wird es für den Schulbereich an die Rechtsprechung anzupassen sein. Dies erfordert keine Abschaffung des Neutralitätsgesetzes.

Mit diesem Hintergrund hat sich die Initiative jetzt an die Vorsitzenden der demokratischen Berliner Parteien gewandt, um die Positionen der Parteien für den Wahlkampf zu ermitteln.

Die Auseinandersetzung um dieses Gesetz wird auf jeden Fall Einfluss auf den Wahlkampf haben. Der größte Teil der Berliner Bevölkerung will dieses Gesetz aufrechterhalten. Das sehen auch die meisten Wähler*innen der Grünen so.

Nebenbei: eine Mehrheit zur Abschaffung des Neutralitätsgesetzes durch das Abgeordnetenhaus ist nicht in Sicht.

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Wahlprüfstein

An die Landesvorsitzenden von

SPD, CDU, Die LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Initiative PRO Berliner Neutralitätsgesetz setzt sich seit Jahren für die Beibehaltung dieses Gesetzes ein. Das Berliner Neutralitätsgesetz gewährleistet das Recht der Menschen vor unerwünschter Beeinflussung durch staatliche Handlungsträger, denen sie in Schule, Polizei und Gericht nicht ausweichen können.

Die Diskussion über das Gesetz wurde zuletzt durch die Entscheidung der Berliner Schulverwaltung neu belebt, gegen das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27.08.2020 (Az.:8 AZR 62/19) Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht einzulegen.

Die Positionen innerhalb der Berliner Regierungsparteien und zwischen den drei Parteien nehmen wir als uneinheitlich wahr. Im Vorfeld der anstehenden Wahlen für das Abgeordnetenhaus haben die Wählerinnen und Wähler jedoch einen Anspruch auf Klarheit und Transparenz der Entscheidungsfindung. Die Menschen wollen wissen, welche Haltung die einzelnen Parteien zu dem Gesetz einnehmen und wie sie sich zu Forderungen verhalten, das Gesetz in Gänze aufzuheben.

Wir fragen daher die im Abgeordnetenhaus vertretenen demokratischen Parteien Berlins nach ihrer Position in der Diskussion:

  1. Wollen Sie das Berliner Neutralitätsgesetz in Gänze unverzüglich aufheben?
  2. Wenn nein:
    1. Wollen Sie lediglich die Bestimmungen in Bezug auf das Verbot religiöser Bekleidung im Schulunterricht ändern?
    1. Unterstützen Sie die Revision der Berliner Schulverwaltung gegen das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27.08.2020 und warten die Entscheidung des obersten deutschen Gerichts ab?
    1. Halten Sie eine ergebnisoffene breite öffentliche Diskussion vor einer möglichen Entscheidung über Änderungen des Gesetzes für angemessen?

Wir würden uns über eine Antwort bis Mitte März an die Initiative freuen.

Berlin, den 5. März 2021

Mit freundlichen Grüßen

Ulla Widmer-Rockstroh           Michael Hammerbacher            Walter Otte
(für die Initiative PRO Berliner Neutralitätsgesetz)