Sterben in Würde – ohne Drohung mit dem Strafrecht
Von Jürgen Roth
Noch in diesem Jahr soll auf Initiative des Bundesgesundheitsministers Gröhe (CDU) der Bundestag darüber entscheiden, jede organisierte Hilfe bei einer Selbsttötung zu verbieten. Nach geltendem Recht ist diese Beihilfe zur Selbsttötung eines erwachsenen und urteilsfähigen Menschen nicht verboten.
Im Bundestag bilden sich gegenwärtig über die Parteigrenzen hinweg eine Reihe von Initiativen. Die meisten wollen ihre häufig religiös motivierten Vorstellungen von der „Unverfügbarkeit des Lebens“ mit den Mitteln des Strafrechts für alle Menschen verbindlich machen. Ob sich die knallharte Line der Kriminalisierung durchsetzt, ist noch offen.
Das Recht auf Leben dürfen wir aber nicht in einen Zwang zum Leben umdeuten. Das Grundgesetz garantiert jedem Menschen frei zu handeln, sofern nicht die Rechte anderer verletzt werden. So wenig, wie jemand zum Leben gezwungen werden darf, darf jemand zum Sterben gedrängt werden. Die Entscheidung darüber, ob das eigene Leben noch als lebenswert eingestuft wird, muss bei dem betroffenen Menschen selbst liegen.
Erwachsene, die sich zum Ausscheiden aus dem Leben entschließen, dürfen wir nicht allein lassen. Es ist inhuman, sie zu zwingen, ihren letzten Weg allein – ohne ärztliche Hilfe – zu gehen.
Die Menschen brauchen keine Drohungen, sondern eine kompetente Beratung, umfassende Informationen über lebensorientierte Hilfsangebote in medizinischer, psychologischer, sozialer und finanzieller Hinsicht. Diese Hilfe setzt Vertrauen voraus. Eine Strafbestimmung zerstört indes Vertrauen. Sie überzieht sogar todkranke Menschen und ihre Angehörigen mit polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. Eine Strafverfolgung käme auch nicht ohne Zeugenaussagen von Ärzt*innen aus. Deren Schweigepflicht geriete so in Gefahr.
Antrag für die LDK am 21. März 2015: Selbstbestimmung des Menschen bis zum Lebensende