Die Stunde der Säkularen
Mit dem Islamischen Staat besteht die Gefahr neuer religiöser Bürgerkriege im Nahen und Mittleren Osten. Europa kennt diese verheerenden Bürgerkriege, die in der frühen Neuzeit erst nach Jahrzehnten Ende fanden und erst nach Jahrzehnten der Barbarei und einer Erschöpfung der kriegsführenden Parteien durch den Westfälischen Frieden beendet werden konnten.
Die Kämpfer des Islamischen Staates geben nichts auf die zivilisatorischen Errungenschaften des humanitären Kriegsvölkerrechtes, geschweige denn auf die Menschenrechte. Sie akzeptieren die modernen Formen von Staatlichkeit nicht, ihr angestrebtes Kalifat kennt keine Außengrenzen und kann und will keine Verträge schließen.
Eine Friedensordnung, Stabilität im Nahen und Mittleren Osten, eine Zone des Rechtes – wie wir es verstehen – ist mit einem derartigen Akteur unmöglich.
Friedensordnungen haben Voraussetzungen. Und diese Voraussetzungen sind säkular, denn nur die wechselseitige Anerkennung kann die Basis für Einigungen und damit auch für friedliche Koexistenz darstellen. Zwischen Menschen unterschiedlicher oder auch keiner Bekenntnisse ist eine säkulare Basis notwendig. Und diese erfordert ein Moment der Trennung von Religion und Politik.
Wollen wir zudem Menschenrechte und individuelle Grundrechte als – durchaus säkulare – Prinzipien einfordern, also Frieden und Freiheit für die Menschen, nicht nur die Staaten und Religionsgemeinschaften, so liegt viel Überzeugungsarbeit vor uns:
Schon der Begriff „Säkulares System“ wird im Nahen und Mittleren Osten mehr mit Assad als mit einer emanzipatorischen Politik verbunden.
Die Säkularen Bewegungen positionieren sich auch viel zu spät in der Außenpolitik, hatten sich bisher auf die nationale Politik orientiert. Dabei sind sie dringend notwendig, denn dem auf Nationalstaaten orientierten Pazifismus fällt es schwer, mit der Konfessionalisierung von Konflikten umzugehen. Es sind eben auch nicht die Kriegshandlungen, die die Barbarei darstellen, sondern die Verrohungseffekte und der Wegfall bisheriger zivilisatorischer Errungenschaften.
Säkulare müssen hier darauf hinweisen, dass die Politisierung von Religion Gewalt erzeugt, die nur von Außen gestoppt werden kann. Dass Friedenspolitik bedeutet, keine faulen Kompromisse einzugehen, sondern säkulare Systeme zu errichten, in denen alle Menschen leben können.
Die Welt hat sich die letzten Jahrzehnte immer weiter von einem Konsens hierüber entfernt. Der vermeintlich säkulare und menschenrechtsorientierte Westen setzt auf Kooperation mit dem Iran und dem Regime Assads. Seine Orientierung auf Säkularität und Menschenrechte ist offensichtlich nicht ausschlaggebend, sondern mehr eine kurzsichtige opportunistische Bündnispolitik.
Säkulare, menschenrechtsorientierte Politik braucht Glaubwürdigkeit. Und diese fordern wir Säkulare Grüne ein:
- Effektive Maßnahmen gegen die Horden des Islamischen Staates, kurzfristige Zerschlagung des Vormarsches, Zerstörung ihres schweren Kriegsgerätes
- Eine Resolution des UN-Sicherheitsrates zu einer Offensive gegen den Islamischen Staat
- Aufbau einer säkularen Staatlichkeit von unten, die der ethnischen und konfessionellen Zusammensetzung der Bevölkerung gerecht wird. Es wird lange dauern, das Vertrauen in eine zukünftige Staatlichkeit wieder herzustellen.
- Unterstützung der Zivilbevölkerung
- Wiederherstellung des Grundrechts auf Asyl, keine Selektion nach religiöser oder ethnischer Herkunft
- Keine Bündnisse mit Theokratien, Anerkennung der Menschenrechte als Minimalstandard
- Ein Konzept von Frieden und Freiheit für Menschen im Nahen Osten als Alternative zur Kurzsichtigkeit des heutigen muddling-through
Autor*innen:
Werner Hager (KV Rhein-Berg, Sprecher Säkulare Grüne NRW),
Ruth Birkle (KV Karlsruhe Land),
Mariana Pinzón Becht (KV Heidelberg, Bundessprecher*in)
Walter Otte (KV Friedrichshain-Kreuzberg, Bundessprecher, Sekretär der Säkularen Grünen Berlin)
Unterzeichner*innen:
Werner Hager, KV Rhein-Berg
Ruth Birkle, KV Karlsruhe Land
Mariana Pinzón Becht, KV Heidelberg
Walter Otte, KV Berlin Friedrichshain-Kreuzberg
Gudrun Pannier, KV Berlin Tempelhof – Schöneberg
Ivo Keller, KV Karlsruhe-Land
Andrea Schwarz, KV Karlsruhe-Land
Roland Gunz-Herbst, KV Karlsruhe-Land
Michael Körner, KV Ettlingen
Sebastian Bürger, Grüne Jugend Aachen
Dirk Weber, KV Rheinisch Bergischer Kreis
Walter Meyer, RV Hannover
Weitere Unterzeichner*innen melden sich bitte unter
sprecherinnen@saekulare-gruene.de